Im Jahr 1982 veranstalteten die DGB-Jugend Rheinland-Pfalz und die DGB-Jugend Hessen eine erste Friedensfahrt nach Osthofen, um dem Vergessen entgegenzuwirken. „Weder die Stadt Osthofen noch das Land Rheinland-Pfalz haben bisher Initiativen ergriffen, um aus diesem ehemaligen KZ eine Gedenkstätte zu machen. Dies war mit ein Grund dafür, dass wir als DGB-Jugend Rheinland-Pfalz und Hessen diese Friedensfahrt nach Osthofen/Worms gemacht haben. Diese Stätte faschistischen Terrors darf in der Bevölkerung und bei uns nicht in Vergessenheit geraten“, heißt es im Vorwort der Dokumentation der Friedensfahrten als Begründung für die Auswahl Osthofens.
Bei der Veranstaltung am 12. September 1982 gaben vier Mitglieder der Lagergemeinschaft ehemaliger Häftlinge des Konzentrationslagers Osthofen ihre Erfahrungen über das Leben in der NS-Diktatur an die Jugendlichen weiter und appellierten, aus der Geschichte für den heutigen Widerstand gegen Neonazismus und Ausländerfeindlichkeit zu lernen. In seiner Rede auf der Abschlusskundgebung vor dem Gelände des ehemaligen KZ Osthofen ging der DGB-Landesbezirksvorsitzende von Rheinland-Pfalz, Julius Lehlbach, auf die Geschichte des Lagers ein, auch er betonte die Notwendigkeit, aus diesen Erfahrungen Lehren zu ziehen.
Im gleichen Jahr wurde auch eine andere Institution für den Erhalt des ehemaligen Konzentrationslagers Osthofen tätig.
Denkmalschutz für das ehemalige KZ?
Der „Bund für Umwelt und Naturschutz“ (BUND) Rheinland-Pfalz beantragte am 26. Oktober 1982 bei der Kreisverwaltung des Landkreises Alzey-Worms die Unterschutzstellung der Gebäude. Sowohl die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises, als auch das Landesamt für Denkmalpflege in Mainz kamen nach einer eingehenden Besichtigung des Geländes und der Gebäude im Juli 1983 zu folgendem Urteil:
„Bauliche Zeugnisse des Konzentrationslagers, die unter Schutz gestellt werden könnten, sind [...] nicht mehr vorhanden. [...] Um die Erinnerung an das ehemalige Konzentrationslager festzuhalten, bedarf es nach unserer Überzeugung nicht der Unterschutzstellung von Werkhallen und von einem Schornstein, der bei unkundigen Besuchern Assoziationen an Vernichtungslager weckt und insofern eher geeignet ist, Missverständnisse herbeizuführen als Geschichtsbewusstsein zu fördern. Die Einrichtung einer würdigen Gedenkstätte ohne großen Aufwand und vermutlich im Einvernehmen mit dem Eigentümer wäre möglich, wenn die Gemeinde, der Kreis oder das Land sich entschließen könnten, den baumbestandenen Vorhof des Fabrikgeländes, an dessen verputzter Umfassungsmauer sich eine in Bronze gegossene Gedenktafel befindet, zu übernehmen und zu einem Mahnmal zu gestalten. [...] Die Förderung des Geschichtsbewusstseins und der Aufklärung der Öffentlichkeit über unsere jüngste Vergangenheit wären mit einem solchen schlicht gestalteten Mahnmal sicher besser gedient als mit der beantragten Unterschutzstellung.“
Trotz der ablehnenden Haltung erkannte die untere Denkmalschutzbehörde die Wichtigkeit und politische Brisanz dieser Angelegenheit und leitete den Antrag des BUND an die übergeordnete Behörde, das Kultusministerium Rheinland-Pfalz, weiter. Der BUND gab sich ebenfalls nicht mit der Absage durch das Landesamt für Denkmalpflege zufrieden und wandte sich persönlich an den rheinland-pfälzischen Kultusminister Dr. Georg Gölter (CDU), um Unterstützung für die Unterschutzstellung des Gebäudes zu erhalten. In ihm fand man einen Fürsprecher, und nur vier Monate später, am 30. November 1983, erklärte das Landesamt für Denkmalpflege gegenüber der Kreisverwaltung Alzey-Worms das Gebäude, zwar nicht aufgrund seiner baukünstlerischen Bedeutung, aber aufgrund der Funktion als „Geschichtsdenkmal“ als erhaltungswürdig. Doch die Kreisverwaltung Alzey-Worms lehnte die Ausführung ab und leitete den Antrag Ende 1983 wiederum weiter, diesmal an die obere Denkmalschutzbehörde, die Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz in Neustadt an der Weinstraße.
Die Bearbeitung zog sich hin, nach einer fast zweijährigen Odyssee des Antrages durch nahezu alle zuständigen Behörden des Landes Rheinland-Pfalz wies die Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz am 14. September 1984 die Kreisverwaltung Alzey-Worms an, das ehemalige Konzentrationslager „im notwendigen Umfang“ unter Schutz zu stellen. Die - ohnehin gegen die Unterschutzstellung eingestellte - Kreisverwaltung sollte nun entscheiden, welche Teile des Fabrikgebäudes und -geländes „schutzwürdig“ seien.
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