Gedenkstätten rufen auf


Gedenkstätten zur Erinnerung an die NS-Verbrechen in Deutschland rufen auf zur Verteidigung der Demokratie

Seit einigen Jahren treffen sich Vertreter*innen der Gedenkarbeit zur NS-Zeit zum Austausch und zur Vernetzung auf einer Konferenz. Auf der letzten (7.) Bundesweiten Gedenkstättenkonferenz in Berlin wurde am 13.12.2018 gemeinsam eine Resolution verabschiedet, in der die Gedenkstätten zur Erinnerung an die NS-Verbrechen in Deutschland zur Verteidigung der Demokratie aufrufen:

Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer nationalsozialistischer Gewalt nehmen als Orte der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit einer verbrecherischen Vergangenheit eine wichtige Bildungsaufgabe für die Gegenwart wahr. Ihre Arbeit folgt der aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus gewonnenen Verpflichtung unserer Verfassung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ (Art.1 GG).

Lernen aus der Geschichte der NS-Verbrechen heißt auch Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen, wenn eine nachhaltige Schwächung unserer offenen Gesellschaft droht. Wir wissen aus der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, dass Demokratien mit Standards wie dem Grundgesetz, den europäisch und international verankerten Menschenrechten, Minderheitenschutz, Gleichheit aller Menschen vor dem Recht, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung mühsam erkämpft wurden und fortdauernd geschützt und ausgestaltet werden müssen.

Immer offener etablieren sich in der Gesellschaft Haltungen, Meinungen und Sprechgewohnheiten, die eine Abkehr von den grundlegenden Lehren aus der NS-Vergangenheit befürchten lassen.
Wir stellen mit Sorge fest:

  • ein Erstarken rechtspopulistischer und autoritär-nationalistischer Bewegungen und Parteien,
  • eine verbreitete Abwehr gegenüber Menschen in Not sowie die Infragestellung und Aufweichung des Rechts auf Asyl,
  • Angriffe auf Grund- und Menschenrechte,
  • die Zunahme von Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit,
  • eine damit einhergehende Abwertung von Demokratie und Vielfalt.

Hinzu kommt ein öffentlich artikulierter Geschichtsrevisionismus, der die Bedeutung des Erinnerns an die Verbrechen des Nationalsozialismus als grundlegende Orientierung der deutschen Gesellschaft in der Gegenwart angreift und durch ein nationalistisches Selbstbild ersetzen möchte.

Diesen aktuellen Entwicklungen treten wir mit unserer täglichen Arbeit in der historisch-politischen Bildung entgegen. Aber sie erfordern darüber hinaus politisches und bürgerschaftliches Handeln. Wir appellieren daher an die Akteure in Politik und Gesellschaft, das Wissen um die historischen Erfahrungen mit ausgrenzenden Gesellschaften wie dem Nationalsozialismus für die Gegenwart zu bewahren und sich für die Verteidigung der universellen Grund- und Menschenrechte einzusetzen.

Verabschiedet von der 7. Bundesweiten Gedenkstättenkonferenz am 13.12.2018


Resolution_Gedenkstättenkonferenz_13-12-18.pdf

 

Der Förderverein Projekt Osthofen e.V. schließt sich der verabschiedeten Resolution an und zieht daraus nachstehende Folgerungen:

  • Wir verwahren uns gegen eine Verunglimpfung des erlittenen Leids und Unrechts der Gegner*innen und Opfer des Nationalsozialismus und fordern, solchen Äußerungen und Handlungen zu widersprechen und sie zu ahnden, wo rechtlich möglich.
  • Wir fordern Politik, Medien und Gesellschaft dazu auf, völkischer Propaganda und ihren Hassreden einen menschenrechtsbasierten, respektvollen und demokratischen Umgang miteinander entgegenzusetzen und in zivilgesellschaftlichen Projekten der Partizipation lebendig zu verwirklichen.
  • Wir fordern die Schaffung lokaler Begegnung- und Erfahrungsräume demokratischen Lernens in allen gesellschaftlichen Bereichen. Das Zusammenleben der Verschiedenen muss als praktische Form von Bürger*innenbeteiligung erlebt werden, sowohl innerhalb als auch außerhalb der gesellschaftlichen Institutionen.
  • Wir unterstützen die Erforschung und Verbreitung von Demokratiegeschichte in Rheinhessen.
  • Wir appellieren an die Politik, außerschulische politische Bildung sowie weitere Facetten der Demokratieerziehung nicht als „Feuerwehr“ zu begreifen, die nur zum Einsatz kommt, wenn es bereits brennt, sondern diese vielmehr als Daueraufgabe in allen Gesellschaftsbereichen zu begreifen und auch als solche zu finanzieren. Dies umfasst auch die Bildungsarbeit an den NS-Gedenkstätten.
  • Wir als Verein sind der Ansicht, dass die Gedenkstätte KZ Osthofen in der aktuellen Lage ein wertvolles Bildungsangebot bieten kann, um Menschen Auswirkungen von Ausgrenzungsmechanismen vor Augen zu führen und aufzuzeigen, welche Folgen eine völkische menschenfeindliche Ideologie nach sich ziehen kann. Dazu sind alle Menschen herzlich eingeladen.

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, jede*r von uns hat es mit in der Hand, über ihren Fortbestand zu entscheiden und zu diesem beizutragen! Hierzu möchten wir als Verein mit unseren Mitteln einen Beitrag leisten. Wir appellieren an Sie, dies in Ihrem Alltag ebenso zu tun.

 

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