Philipp Wahl


"Denn mit 20 Jahren war man viel zu jung..."

Philipp Wahl wird am 15. Januar 1913 in Stuttgart geboren. Nach einer Lehre in einem Bauhüttenbetrieb heuert er 1931 als Schiffsjunge auf einem Rheinschiff an. 1932 tritt Wahl in den Kommunistischen Jugendverband Deuschlands (KJVD) ein und arbeitet für diesen wie auch für den Einheitsverband der Seeleute, Hafenarbeiter und Binnenschiffer, der deutschen Sektion der kommunistischen  International of Seamen and Harbourworkers, als geheimer Kurier auf dem Rhein.

Über seine Untergrundtätigkeit berichtet er: „Wir hatten auch die Aufgabe, Materialien nach Deutschland zu schleusen. Von dem Tag der Machtübergabe an die Nazis an begann die Verteilung von Flugschriften, die informierten und zum Widerstand aufriefen. Ich kann mich noch schön erinnern, da gab’s Papier, feinstes Reispapier, das konnte man sogar essen, wenn es notwendig war. Aber da gab es auch so schöne Reclamhefte. Da stand vorne drauf „Don Carlos“ und innen hat man zwei Seiten Don Carlos gelesen, und dann [einen Bericht] über den Reichstagsbrand. Später hatte ich [auf dem Schiff] eine große Kiste, in der ich die Materialien in verschiedene Städte geschleust habe.“

Porträt aus dem Dienstbuch des Schiffsjungen Philipp Wahl, 1931
Quelle: NS-Dokuzentrum Rheinland-Pfalz

Aufgrund einer Denunziation wird Wahl Anfang März 1933 auf dem Schiff „Pascal“ verhaftet. Während des Verhörs schlägt die SS ihn so brutal zusammen, dass er im dortigen Krankenhaus behandelt werden muss. Trotz der unmenschlichen Verhörmethoden der SS verrät er keinen Kameraden: „Ich hatte Glück gehabt. Am Ende hat mich die SS so hart getroffen, dass ich noch bewusstlos war, als ich ins Krankenhaus eingeliefert worden bin. Denn mit 20 Jahren war man viel zu jung, um solchen Repressalien überhaupt etwas entgegen setzen zu können.“

Anschließend kommt Wahl in das Konzentrationslager Osthofen in „Schutzhaft“. Erst Ende 1933 wird er wieder freigelassen. 1934 nimmt er seine Arbeit für die KPD wieder auf.
„[Die illegale Tätigkeit] war mir möglich dank der Solidarität vieler. Dass es dabei viele Opfer gab, ist ja bekannt. Dass dabei Menschen waren, denen man sehr nahe stand, war äußerst schmerzlich. Else Zbick zum Beispiel [Leiterin einer Fünfergruppe des KJVD, der auch Wahl angehörte] wurde zu sieben Jahre Zuchthaus verurteilt, sie kam später in Auschwitz ums Leben. Und die zwei Matrosen aus dem Elsass [ebenfalls Mitglieder der Gruppe], die man in Plötzensee umgebracht hat.“

Der Gestapo gelingt es, die kommunistischen Widerstandsgruppen bis Mitte der 1930er Jahre weitgehend zu zerschlagen. Dennoch formieren sich auch in den folgenden Jahren kleinere Gruppen neu, die nun vorsichtiger agieren. 1938 wird Wahl zur Reichskanzlei nach Berlin dienstverpflichtet, wo er in seinem Beruf als Stuckateur arbeitet. Schließlich beruft man ihn zur Wehrmacht. 1944 erleidet er an der Ostfront eine schwere Verwundung.
Nach dem Krieg setzt er sich als Zeitzeuge für den Aufbau der Erinnerungsstätte KZ Osthofen ein, organisiert Führungen, gibt Interviews und beteiligt sich an Demonstrationen.

 

Biographische Kurzinformation:

  • 1913 15. Januar: Geboren in Stuttgart
  • 1931 Schiffjunge auf einem Rheinschiff1932 Eintritt in den KJVD
  • 1933 Beginn der illegalen Arbeit als Geheimkurier, März Verhaftung, Aufenthalt im KZ Osthofen
  • 1934 Wiederaufnahme der illegalen Arbeit
  • 1938 Dienstverpflichtung in Berlin als Stuckateur
  • 1944 Einberufung zur Wehrmacht, Verwundung an der Ostfront
  • nach 1945 Engagement für den Aufbau der Gedenkstätte KZ Osthofen
  • 2009 23. Juli: Tod in Worms

 

Quellen:
Mehrere Interviews mit Philipp Wahl; Hartwig-Thürmer, Christine: Philipp Wahl - ein ehemaliger Häftling des KZ Osthofen berichtet, in: Mainzer Geschichtsblätter, Nr. 13 (2004), S. 24-35.

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