Förderung der Geschichte vor Ort


Veränderte Aufgabenstellung

Mit diesem Eigentumsübergang veränderte sich auch die Aufgabenstellung des Fördervereins Projekt Osthofen e.V. War es bislang erforderlich, für den Ankauf und die Errichtung einer Gedenkstätte zu werben, ging es nun darum, engagiert an der inhaltlichen Konzeption der Dokumentations- und Begegnungsstätte in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz mitzuwirken. Der Förderverein wurde zunehmend zur örtlichen Gedenkstätteninitiative, zum Ansprechpartner vor Ort, der versuchte, Brücken zur Bevölkerung in Osthofen zu schlagen und Gräben zu überwinden. Ein weiteres Aufgabenfeld fand der Förderverein als örtlicher Kulturträger.

5 Steinmale gegen Gewalt, im Hintergrund: Sich Windender

So wurden seit 1993 „Fabrik-Konzerte“ veranstaltet, seit 1994 in Kooperation mit dem Kultursommer Rheinland-Pfalz. Aber auch inhaltlich leistete der Förderverein weiterhin wertvolle Arbeit. Im November 1991 veranstaltete er das Symposion „Steine des Erinnerns“, das sich mit der Geschichte des ehemaligen Lagers Osthofen und der Zeit des Dritten Reiches in Rheinhessen beschäftigte.

Auch im Bereich der Jugendbegegnung fuhr der Förderverein mit seiner Arbeit fort und organisierte im Sommer 1991 und 1992 Work-Camps auf dem Gelände des ehemaligen KZ Osthofen für Jugendliche aus ganz Europa. Die Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung als Trägerin der Gedenkstätte ehemaliges KZ Osthofen gestaltete sich sehr positiv, der Förderverein wurde einbezogen in die Konzeption und Planung der Gedenkstätte. Seit Juli 1997 bestehen Kooperationsverträge zwischen der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz und dem Förderverein Projekt Osthofen e.V. über die personelle und inhaltliche Zusammenarbeit.

Projekte in Kunst und Kultur

Seit seiner Gründung hat der Förderverein Projekt Osthofen viele Projekte, vor allem in den Bereichen „Kunst und Kultur“ sowie in der Regionalgeschichtsforschung angestoßen und durchgeführt, und sich außerdem für die Weiterentwicklung der Gedenkstättenpädagogik eingesetzt und zahllose Projekte mit Schülern und Jugendlichen veranstaltet: Im Jahr 1996 führte der Verein ein Seminar zum Thema "Heimatbewegung und NS-Kulturpolitik" in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, sowie eine Tagung zum Thema "Der rheinhessische Protestantismus 1933/1934 - von nationalistischer Begeisterung und bekennendem Christentum" in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Erwachsenenbildung Rheinhessen durch.

Während des Jazz-Festivals in Worms 1998 wurde die Ausstellung „Jazz in Konzentrationslagern“, in die Dr. Guido Fackler einführte, gezeigt. 1998 wurde eine Seminarreihe zur „Deutsch-jüdischen Geschichte in Rheinhessen“ in Worms und Alzey durchgeführt, bei der die Themen „Emanzipation aus Sicht der Juden und der Deutschen“, „Antisemitismus und Nationalismus“, „deutsch-nationale Juden“, „Zionismus in Rheinhessen“ sowie „die politische und kulturelle Repräsentanz der Juden vor und nach 1918“ im Mittelpunkt standen. Zwei Jahre sorgte eine Tagung zum Thema „Frauen im Nationalsozialismus“, die in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Alzey-Worms geplant worden war, für öffentliches Interesse. Die Gleichstellungsbeauftragte ist auch Kooperationspartnerin für die seit 1999 regelmäßig stattfindenden „Erzählcafés“, bei denen regional relevante Themen im Mittelpunkt stehen.

Fünf Mahnmale gegen Gewalt

Ein Großprojekt, das auch seine „Spuren“ auf dem Gelände der Gedenkstätte hinterlassen hat, war das 2000 vom Förderverein initiierte Bildhauer-Symposium „5 Mahnmale gegen Gewalt“, bei dem fünf beeindruckende Skulpturen entstanden sind, die bis heute die Besucher der Gedenkstätte zum Nachdenken anregen. Bereits im Herbst 1990 hatte der Frankfurter Künstler Friedhelm Welge eine Kunstaktion in der Gedenkstätte durchgeführt. Dabei war die Skulptur „Der sich Windende“ entstanden. In vielen Aktionen und Inszenierungen hatte sich der Künstler mit der Geschichte des Ortes und mit dem Umgang mit demselben auseinandergesetzt. In die als „offene Werkstatt“ angelegte Kunstaktion hatte er auch Schulklassen und die Bevölkerung einbezogen.

Aus dem besonderen Engagement für den Bereich von Kunst und Kultur heraus entstand 2002 die Idee zu einem Symposium mit dem Thema „Die Verletzlichkeit des Menschen – Kunst und Kultur in Gedenkstätten“. Zum 20-jährigen Jubiläum des Vereins sprach bei der Festveranstaltung Dietfrid Krause-Vilmar über die Bedeutung kleiner Gedenkstätten und würdigte die Arbeit des Vereins. Im gleichen Jahr wurde „Keiner mehr da“, ein Theaterstück, das unter Leitung der Theaterpädagogin Kirsten Zeiser von Jugendlichen entwickelt und in der Gedenkstätte geprobt worden war, aufgeführt.

Klavierkonzert mit Peter Geisselbrecht, 2007

Musik und Theater

Das Jahr 2007 stand im Zeichen der Musik: mit einem Klavierkonzert, bei dem Peter Geisselbrecht Werke der von den Nazis verfolgten Komponisten Schulhoff, Ullmann, Klein und Hartmann zu Gehör brachte, sowie mit einem Musikworkshop mit Guido Fackler zum Thema „Musik im KZ Theresienstadt“. Aus Anlass des 75. Jahrestages der Errichtung des KZ Osthofen 2008 wurde eine Fotoausstellung „Von der Papierfabrik zum frühen Konzentrationslager – von der Möbelfabrik zur Gedenkstätte“ entwickelt und gezeigt.

Das Puppentheater TANDERA berührte das Publikum mit seinen Aufführungen von „Es war einmal ein Drache“, einem Stück über eine Weihnachtsfeier im KZ Theresienstadt, die dort inhaftierte Frauen für ihre Kinder organisiert hatten. 2009 beteiligte sich der Förderverein am Projekt „Zug der Erinnerung“: Für den Halt des Museumszuges, der an die mit der Bahn deportierten jüdischen Kinder in ganz Europa erinnert, wurden vom Förderverein Tafeln entwickelt, die sich mit der Verfolgung und Deportation der Wormser Juden beschäftigten. Diese wurden beim Halt des Zuges auf dem Wormser Bahnhof gezeigt. 2010 erschien die Publikation „Rheinhessische Wege in den Nationalsozialismus. Studien zu rheinhessischen Landgemeinden von der Weimarer Republik bis zum Ende der NS-Diktatur“, dieses Projekt, bei dem bisher die Gemeinden Alsheim, Bodenheim, Framersheim, Gau-Odernheim, Ingelheim und Stadecken untersucht wurden, soll in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.

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