Lageralltag


Haftbedingungen

Die Unterbringung und die hygienischen Verhältnisse im Konzentrationslager Osthofen waren äußerst primitiv. Die Häftlinge schliefen in der Fabrikhalle anfangs auf dem nackten Betonboden, später bauten sie sich doppelstöckige Holzpritschen sowie Tische und Bänke. Als es kälter wurde, bekamen sie zu ihrem Strohsack lediglich eine Wolldecke. Im Herbst mauerten sie sich Kamine für kleine Öfen, die mit Holz befeuert wurden. Warm wurde es dadurch in der zugigen und nasskalten Fabrikhalle jedoch nie.

NS-Propagandafoto der Häftlinge beim Mittagessen

Viele Häftlinge litten unter der Kälte und erkrankten an Nieren- und Blasenleiden, die zum Teil lebenslang anhielten. Fast noch schlimmer waren die hygienischen Verhältnisse. In der Regel mussten sie ihre Kleidung mit etwas Sand und kaltem Wasser reinigen, welches aus drei Wasserhähnen im Freien kam. Nur in Ausnahmefällen erhielten die Lagerinsassen eine kleine Ration Schmierseife, mit der sie sich selbst und ihre Kleidung waschen konnten.

Den jüdischen Gefangenen, die widerwärtigste Arbeiten, etwa das Reinigen der Latrinen, verrichten mussten, wurde selbst diese kleine Ration Schmierseife vorenthalten. Für die ärztliche Betreuung war der in Oppenheim niedergelassene Sturmbann-Arzt und SS-Untersturmführer Dr. Reinhold Daum zuständig. Seine Hauptaufgabe bestand darin, den häufig von Misshandlungen grün und blau geschlagenen Häftlingen bei ihrer Einlieferung „Haftfähigkeit“ und bei der Entlassung „Arbeitsfähigkeit“ zu bescheinigen.

Arbeitseinsätze

Beim täglichen Morgenappell wurden Häftlinge zur Arbeit eingeteilt. Innerhalb des Lagers mussten sie Pritschen, Tische und Bänke schreinern, Gebäude und Hof reinigen, Kleidung und Schuhe der Insassen notdürftig ausbessern und kleinere bauliche Veränderungen vornehmen. Die Aufgaben der diversen Außenkommandos waren sehr unterschiedlich.

Örtliche Nationalsozialisten, allen voran Lagerleiter Karl d’Angelo, profitierten von den unentgeltlichen Arbeitseinsätzen. So waren etliche „Schutzhäftlinge“ als Erntehelfer auf den umliegenden Gärten und Feldern eingesetzt. Karl d’Angelo ließ sich von den Gefangenen eine kupferne Rauchtischplatte für seine Privatwohnung anfertigen, seinen Privatwagen reparieren und pflegen sowie seine Wohnung renovieren. Außerdem stellte er einen Häftling für Arbeiten im Garten seiner Schwester ab. In seiner Druckerei waren ebenfalls in größerem Umfang Insassen des Konzentrationslagers beschäftigt. Auch die NSDAP-Kreis- und Ortsleitungen in Worms und Umgebung bedienten sich der unbezahlten Arbeitskraft der Häftlinge. So musste u.a. ein Arbeitskommando zu Bau- und Stuckarbeiten in die Geschäftsstelle der NSDAP-Kreisleitung in der Mainzer Straße in Worms ausrücken.

(Quelle: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz)

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