Dokumentation eines Seminars des Fördervereins Projekt Osthofen e.V. in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Hrsg.: Förderverein Projekt Osthofen e.V.
Von Heimatlosigkeit sang Freddy Quinn in den fünfziger Jahren, und darin schwang dennoch die Seemannsromantik des Hinausfahrens: Der Sehnsucht nach behütender Heimat gegenübergestellt blieb die Sehnsucht, die Enge der heimatlichen Hut zu verlassen. Und so ist der Heimatbegriff immer doppelbödig gewesen: Er umarmte und umklammerte, er schloss ein und er schloss aus, er war geografischer Raum und utopische Insel, er wurzelte im Geflecht traditioneller Geschichte(n) und schuf doch im Kopf kühne Entwürfe von Lebensmöglichkeit, er konnte die Macht der Mehrheit ebenso legitimieren wie das Recht der Minderheit. Erinnerungen von Menschen, die im nationalsozialistischen Deutschland aufgewachsen sind, beschreiben oft Zeltlager in der Natur draußen, Abenteuerspiele sowie Volkslieder und Volkstanz als eindrucksvoll positive Erlebnisse. Die dabei erlebte, jugendbewegte Kultur aber speist sich aus noch älteren Quellen, nämlich aus der Reformbewegung und dem volkskundlichen Sammeln um 1900. Man muss genauer hinhören, was da faszinierte: militärischer Drill, hetzerische Propaganda, Führerkult und Teilhabe am Größenwahn, jugendlicher Aufbruch ins Selbsterleben, die gegenüber der Familie größere Gemeinschaft? Was war Zeitgeist, quer durch die politischen Lager? Was waren Unterschiede zwischen völkischen, freigeistigen und sozialistischen Gruppen? Was speist sich aus der altersbedingten Such nach Eigenheit über Vor-Bilder?
In den Bürgerinitiativen der siebziger Jahre tauchen Mundart, Natur und Heimat unter der Flagge des anti-industriellen Regionalismus im linken Spektrum der Gesellschaft auf. Es ist, als ob man nach einer Zeit von Vergessen und von geliehener Identität ein Fass der Fülle aufmacht. Gut das Lebendige […].
Inhaltsverzeichnis:
172 Seiten, 1. Auflage Osthofen/Alzey 1999
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